Desert Dash 2023

Vom Betreuer zum Racer…

Auch in diesem Jahr war wieder eine Reise nach Namibia geplant. Nach meinem vorzeitigen Ausstieg in 2022 war ich mir nicht sicher ob ich das härteste MTB-Rennen der Welt selber fahren sollte. Vielleicht setze ich ein Jahr um mich für 2024 optimal vorzubereiten? Jedenfalls bot ich mich frühzeitig dem Hubert Schwarz als Betreuer an.
So sollte es auch werden, Hubert buchte mich und die Vorbereitungen liefen. Jedoch waren einige gemeldeten Fahrer vom Pech verfolgt und konnten krankheitsbedingt nicht am härtesten MTB-Rennen der Welt – welches an einem Stück gefahren wird – teilnehmen.
Da es auch einen Racer aus einem 2er-Team erwischt hat und es keine weiteren Ersatzfahrer gab, sprang ich hier kurzfristig ein. Nun hatte ich noch ganze – Stand 29.10.2023 – 30 Tage Zeit ein Crash-Training zu absolvieren und noch so viele Kilos wie möglich abzunehmen.
Da ich nur rund 225km beim Desert-Dash abzuleisten und mit der zweiten Hälfte den „milderen“ Teil mit wesentlich weniger Höhenmeter der Strecke erwischt hatte, war ich guter Dinge, dass es an meiner Leistung nicht scheitern sollte.
Jedenfalls freute ich mich riesig auf die Zeit und die letzten Vorbereitungen in Namibia und freue mich umso mehr mit einem echt duften Typen an den Start gehen zu können!
Gerd und ich verstanden uns auf Anhieb. Auch wenn ich noch zwei Tage vor dem Rennen an meinem Trainingsstand zweifelte, waren wir beide guter Dinge, dass wir es schaffen würden.


Wir trafen uns alle im Country-Hotel in Windhoek. Gemeinsam unternahmen wir gemeinsam die erste Ausfahrt zum Kupferberg-Pass. Die Straßenbaumaßnahmen liefen noch auf Hochtouren. Ein ganzes Stück war nun auch asphaltiert und wir waren uns alle einig, dass die ersten Kilometer nach dem Start umso schneller werden würden.
Neu bei dem Rennen war, dass man einen GPS-Tracker mit an den Mann bekam. Es sollte die Möglichkeit bestehen jeden einzelnen live verfolgen zu können. Dazu aber mehr.
Gerd war recht optimistisch zwischen 0:00 und 1:00 Uhr am Checkpoint 2 anzukommen. Das schlechte Gewissen plagte mich zwar schon, aber ich hatte nicht das Training die erste Hälfte der Strecke in einer brauchbaren Zeit fahren zu können. So musste Gerd als „Neuling“ beim Dash den wesentlich härteren Teil in Angriff nehmen.
Als Racer und „Support-Light“ fuhr ich den größten Teil der Strecke mit dem Versorgungsfahrzeug. Mit unseren Betreuern Dieter und Lilo verstand ich mich sowieso, wir kannten uns bereits vom letzten Jahr.


Wir waren sehr früh am Checkpoint 2 angekommen. Ich hätte mich noch mal hinlegen können, aber ich war alles andere als Müde und saß im Zelt rum, schoss ein paar Fotos und vertrieb mir die Zeit. Da das Live-Tracking zu dieser Zeit noch funktionierte, konnte man die Top-Ten des Rennens am Bildschirm verfolgen. Konny Looser, der Champ dieses Rennens führte wieder souverän das Rennen an.


Die Zeiten der ersten Zehn zeigte, dass das Rennen tatsächlich deutlich schneller begann und die geteerte Straßendecke das Anfangstempo deutlich erhöhte. Auch Gerd war gut dabei und ich rechnete eher mit einer früheren Ankunft.
Leider waren die Server des Tracks völlig überlastet und die Verbindungen brachen immer wieder ab. Also blieb es ungewiss wann Gerd tatsächlich abgelöst werden musste. Ich machte mich gegen 23:00 Uhr fertig und zog mich um. Startklar saß ich in der Wechselzone. Ich wollte keine kostbare Zeit vergeuden!


Mitternacht war vorüber, nun musste ich jederzeit mit der Ankunft von Gerd rechnen. Es war 1Uhr vorbei, immer noch keine Spur von ihm. Auskunft bekam man nicht wirklich, das Tracking funktionierte nicht und der Handyempfang war auch so gut wie zusammengebrochen.
Esse ich noch etwas? Hole ich mir noch schnell ein Kaffee? Kann ich noch mal ein paar Meter von der Wechselzone weg ohne ihn zu verpassen? Die Anspannung in mir stieg mit jeder Minute!
Gegen 2Uhr ging Dieter zu dem offiziellen Race-Betreuer und erhielt die Meldung, dass Gerd etwa 10 km vom Checkpoint entfernt war. Das bedeutete etwa noch 30 Minuten bis er ankommen sollte.
Gerd entschuldigte sich sofort bei seiner Ankunft, doch das war nicht notwendig, ich sagte ihm schnell, dass ich mein Bestes geben werde damit wir unsere Medaille mit nachhause nehmen können und machte mich auf den Weg.
Mit meinem Trek-Supercaliber war die Schotterpiste so angenehm zu fahren. Das ein Hardtail nicht das komfortabelste Rad für dieses Rennen ist, war mir ja schon immer klar. Aber, spätestens in dieser Nacht war ich vollkommen von dem Fahrrad überzeugt.
Mit einer Helmlampe und einer Lampe am Lenker ausgestattet, raste ich durch die Nacht. Ca. 100 km waren zu schaffen bevor ich am nächsten Checkpoint ankommen sollte. Eine lange, teils sandige Piste im Lichtkegel der Helmlampe. Rundum war es pechschwarz und finster.


Wie die Kilometer verflogen die Nachtstunden und die hochhängenden Wolken reflektierten bereits die Sonne. Ein Akku war leer und ich schaltete die zweite Lampe am Lenker ein. Lange sollte ich sie nicht brauchen, da trat die Dämmerung ein und es wurde von Minute zu Minute heller.
Nun sollten die ganz sandigen Abschnitte kommen. Teils mit Bretter ausgelegt, teils schiebend und immer wieder Passagen, n den man meinte einen Anker ausgeworfen zu haben…
Auch wenn die zweite Hälfte von den Höhenmetern nicht so anspruchsvoll war, fahrtechnisch verlangte sie von einem alles ab und man musste durchgehend auf sehr sandige Passagen eingestellt sein.
Kilometer für Kilometer ging es einfach gerade aus, Kurven waren selten, zumindest eine Krümmung, die man überhaupt Kurve nennen konnte. Selten eine Kreuzung wo man mal abbiegen musste, aber plötzlich konnte man am Horizont das Zelt erkennen. Mein erster Checkpoint (Im gesamten Checkpoint 3) den ich erreichen musste.
Dieter und Kurt saßen auf einer Bank und erzählten angeregt. Offensichtlich hatten sie noch gar nicht mit mir gerechnet. Wenn ich ehrlich bin: ich auch nicht!


Dieter füllte mein Trinkrucksack und meine Flasche, mischte mein Getränkepulver und Kurt eilte um mein Rad vom Staub zu befreien und die Kette zu ölen.
Ich schob mir Kalorien in Form von Gummibärchen, Gels und Salzbretzeln rein und verabschiedete mich wieder. Ich konnte mein Tempo wieder aufnehmen. Immer mit der Medaille vor Augen strampelte ich weiter. Hier fiel mir auf das ich bisher nur Teilnehmer überholte, aber niemand schaffte es an mich heran zu kommen.
Schotter, Sand, Wellblech, endlose Weite, immer geradeaus… Bis zur Pipeline, Mental die übelste Herausforderung! 20 km immer geradeaus wie eine Schnur gespannt! Mal etwas aufwärts, mal etwas abwärts, Sandlöcher, kleine Büsche mit Dornen, Hitze und kein Ende in Sicht!
Dann kam der, zumindest für Minuten, erlösende Waterpoint. Eiskalte Cola, gekochte Kartoffeln, Orangen, Bananen und Wassermelone gaben einen wieder Energie für den nächsten Wüstenabschnitt.


Noch wenige Kilometer an der Pipeline netlang, dann ging es zurück auf die Schotterpiste.
Im Gesamten waren die Pisten aber gut hergerichtet. Vor nicht langer Zeit wurden sie geschoben und es war nicht so extrem wellig wie ich es von den vorherigen Rennen kannte.
Das nächste Ziel war nun die Oase, dort sollte ich über 170 km auf dem Tacho haben und Gerd stieg wieder mit ein.
Mein Tacho von Transalp-Shuttle.com funktionierte so gut, dass ich auf 5 Minuten genau meine Ankunft voraussagen konnte. Ich sendete eine Sprachnachricht und Gerd stand bereits parat. Mein Rucksack und Flasche war schnell gefüllt, Kalorien auffüllen und weiter…


Jetzt kam der Abschnitt der eindeutig die längsten sandigen Passagen haben sollte. Zunächst führte der Weg durch und am Rande von einem Flußbett. Es ging immer wieder über Gipfel um auf der gegenüberliegenden Seite wieder auf- oder abwärts zu radeln. Ich konnte langsam keinen Sand mehr sehen und Gerd musste mein Fluchen ertragen.
Gerd, der topfit war, zog mich immer wieder gegen den Wind mit. Langsam machte sich die Hitze bei mir bemerkbar und ich spürte wie die knallende Sonne und die stehende Hitze zwischen den Gipfeln an der Kraft saugte. Dazu kam der immer stärker werdende Wind!
Wir ergänzten uns sehr gut und kamen dem Ziel schneller näher, als ich zwischendurch errechnete. Während voller Fahrt reichte der Sauerstoff scheinbar nicht aus und ich rechnete mit einer ganz falschen Vorstellung wie lange wir überhaupt noch brauchen würden.


Zumindest kamen wir über eine Stunde früher in Richtung Ziel als ich je dachte. Trotzdem kamen immer wieder lange Passagen, die einem das Ziel unerreichbar fern erschienen ließen, und wenn es zum Ende hin die lange Strecke entlang der Bahngleise war. Doch dann begannen die ersten Häuser.
Swapokmund war erreicht!
Durch die Ortschaft kam die alte Kraft zurück und wir düsten mit einer unglaublichen Geschwindigkeit über die gesperrten Kreuzungen. Jeder der irgendwo an den Straßen stand feuerten die Racer und auch uns an! Voller Euphorie und Glück düsten wir an der Promenade entlang, das Ziel schon lange im Blick! Was ein Erfolg und was eine Teamleistung!
Gerd gab trotz seinen Strapazen mit dem ständigen Auf und Ab im Khomashochland nicht auf, ich versuchte so viel Zeit wie es nur ging aufzuholen und auf der alles entscheidende Etappe ergänzten wir uns so gut, dass wir noch deutlich früher im Ziel ankamen als jemals gedacht!


Unter dem Strich kann ich sagen, ich bin echt froh das ich eingesprungen bin und gemeinsam mit dem Gerd diese Erfahrung machen konnte! Es war ein großartiges Race, welches wir sogar noch im Mittelfeld finishen konnten!

  1. Gerd insgesamt 226 km 11:58h
  2. Marco insgesamt 223 km 10:20h
    Gesamt: 449 km
    Zeit gesamt: 22:18h

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert